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Der Verein für eine offene Kirche hat über die Medien von der Anklageerhebung gegen den Ruggeller Pfarrer mit dem Verdacht auf Kinderpornographie erfahren. Besorgte Eltern haben sich bei uns gemeldet. Diese Situation beschäftigt uns sehr.

Wir bitten die Staatsanwaltschaft, die Regierung und die Gemeinde Ruggell, diesen Fall lückenlos aufzuklären. Dazu gehört die Frage, wie es sein kann, dass Pfarrer Jäger den Religionsunterricht manchmal im Pfarrhaus statt in der Primarschule abhielt. Oder die Frage, warum er eine eigene Pfadfindergruppierung in Liechtenstein gründete. Wir vertrauen darauf, dass die staatlichen Institutionen allen Fragen nachgehen und alle nötigen Massnahmen ergreifen.

Von der kirchlichen Seite sind wir jedoch sehr enttäuscht. Die Vorgänge werden nicht transparent aufgearbeitet, sondern verschleiert und vertuscht. Es fehlt in diesem Bistum eine unabhängige Ombudsstelle, an die sich die betroffenen Menschen wenden können. Alle umliegenden Bistümer haben heute eine solche Ombudsstelle eingerichtet. Dass der Erzbischof «einen tiefen Schmerz und Bedauern» zum Ausdruck bringt, reicht nicht aus. Der Erzbischof trägt eine Mitverantwortung im Fall Jäger, da er den Kandidaten geweiht und ins Erzbistum Vaduz aufgenommen hat, obwohl dieser von seinem Heimatbistum Limburg abgelehnt worden war.

Seit vielen Jahren machen wir in unseren Stellungnahmen darauf aufmerksam, dass Wolfgang Haas Priester geweiht und in das Bistum aufgenommen (inkardiniert) hat, welche die Kriterien der Kirche für das Priesteramt nicht hinreichend erfüllen. Alle deutschsprachigen Bistümer erwarten heute von den Priestern ein abgeschlossenes Theologiestudium und zusätzlich eine pastorale Ausbildung («Pastoralkurs»). Ein solcher Pastoralkurs dient auch der seelsorgerischen und psychologischen Ausbildung und Begleitung der Priester.

Im Erzbistum Vaduz sind rund 60 Kleriker eingegliedert, meist ohne vertiefte pastorale Ausbildung. Das sind weit mehr, als für zehn Pfarreien zugelassen wären. Es sind uns noch mehr Fälle bekannt von Kandidaten, die in ihren Heimatbistümern abgelehnt, im Erzbistum Vaduz aber ohne weitere Qualifizierung aufgenommen wurden.

Wir wollen die Priester nicht unter Generalverdacht stellen. Aber wir beobachten in der Leitung und beim Personal des Erzbistums Vaduz zahlreiche Missstände. Dies wiegt umso schwerer, als alle Steuerzahler des Landes dieses Personal finanzieren. Wir meinen, dass dieses Bistum dringend eine unabhängige kirchliche Untersuchung von aussen benötigt. An eine Bischofskonferenz können wir uns nicht wenden, da das Erzbistum Vaduz 1997 direkt dem Papst unterstellt wurde.

Wir sehen die beste Möglichkeit derzeit in einer Päpstlichen Visitation. Alle Ordensgemeinschaften und Bistümer werden regelmässig untersucht bzw. visitiert. Es wäre höchste Zeit, dass das Erzbistum Vaduz eine solche Visitation erfährt. Wir laden die Regierung dazu ein, direkt beim Heiligen Stuhl vorstellig zu werden und einen unabhängigen Apostolischen Visitator zu verlangen. Dieser würde die Leitung des Bistums und die Pastoral in den Pfarreien vor Ort kritisch untersuchen. Der Visitator verfasst einen Bericht an den Papst und zeigt geeignete Massnahmen zur Behebung der Missstände auf. Wir setzen grosse Hoffnungen in eine solche Päpstliche Visitation.

Der Vorstand des Vereins für eine offene Kirche: Urs Aemisegger, Klaus Biedermann, Susanne Falk-Eberle, Susanne Kärle, Hannes Willinger; Theologischer Berater: Dr. theol. Günther Boss.